Wilhelmine Rubel und Pauline Scholem

Wilhelmine Rubel
(1864 – 1940) und

Pauline Scholem
(1877 – 1961)

Das Schicksal zweier jüdischer Frauen aus Hochspeyer

Der 22. Oktober 1940 ist ein dunkler Tag in der Geschichte Südwestdeutschlands. An diesem Tag wurden über 6500 jüdische Frauen, Männer und Kinder aus Baden, der Pfalz und dem Saarland aus ihren Wohnungen geholt und in das in Südfrankreich gelegene Internierungslager verschleppt. Auch mehrere Menschen aus dem Landkreis Kaiserslautern waren davon betroffen. Unter ihnen waren auch zwei ältere Frauen aus Hochspeyer: Wilhelmine Rubel, geb. Metzger und Pauline Scholem, geb. Rubel.

Die am 11. März 1864 in Fußgönheim als Wilhelmine Metzger geborene Tochter des Handelsmannes Moses Metzger und seiner Frau Helena Hertz heiratete um 1890 den Hochspeyerer Nathan Rubel. Die Familie lebte lange Zeit in gutem Einvernehmen mit der Hochspeyerer Bevölkerung. Das Ehepaar hatte drei Kinder, geboren zwischen 1892 und 1896. Die Tochter Helene starb 19jährig im Jahre 1913 in Hochspeyer. Ein Jahr später, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, fiel der älteste Sohn Theobald im Alter von 22 Jahren an der Front im Westen. Im November 1936 starb Nathan Rubel. Nachdem ihr jüngster Sohn Markus 1938 mit seiner Familie nach Argentinien emigriert war und Wilhelmine Rubel als einzige ihrer Familie in Hochspeyer zurückgeblieben war, entschloss sie sich ins jüdische Altersheim nach Neustadt zu ziehen. Doch kaum war sie dort, als am frühen Morgen des 10. November 1938 fanatische Nationalsozialisten das Altersheim stürmten und die 83 Insassen, die zwischen 70 und 90 Jahre alt waren, aus ihren Betten holten. Die Nazis misshandelten sie mit Knüppeln und Beilhieben und jagten die notdürftig, oft nur mit dem Nachthemd bekleideten alten Leute auf die Straße. Anschließend zündeten sie das Altersheim an. Wilhelmine Rubel irrte durch Neustadt, jemand besorgte ihr einen Mantel, sie ging zum Neustadter Bahnhof und reiste nach Hochspeyer zurück. Sie wurde hier von mehreren Familien einige Tage beherbergt. Aber auf Dauer fand sie keine Bleibe mehr in Hochspeyer. Sie wurde von den Nationalsozialisten nach Mannheim gebracht. Von dort wurde die 76-Jährige am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Hier starb sie zwei Monate später am 25. Dezember 1940.

In Gurs hatte Wilhelmine Rubel noch eine Verwandte getroffen: Pauline Scholem, geb. Rubel, die einzige Jüdin, die direkt von Hochspeyer aus verschleppt worden war. Sie wurde am 7. Dezember 1877 in Hochspeyer als Tochter des Handelsmannes Julius Rubel und seiner Frau Bertha geboren und heiratete 1904 den Handelsmann Ludwig Scholem aus dem nordpfälzischen Gauersheim. Ludwig Scholem hielt sich zu dieser Zeit in Kirchheimbolanden auf. Als beide am 22. Oktober 1940 aus ihren Wohnungen geholt wurden, durften sie nur das Nötigste mitnehmen. Mit Omnibussen wurden sie nach Kaiserslautern gebracht, wo sie noch einige Stunden auf ihren Abtransport mit der Reichsbahn warten mussten. Nach tagelanger Reise in Südfrankreich angekommen, wurden sie in menschenunwürdigen Baracken untergebracht. Aufgrund der schlechten Ernährung und der katastrophalen hygienischen Verhältnisse sind in Gurs viele schwer erkrankt. Ludwig Scholem kam am 21. Februar 1941 von Gurs in das Lager Noé in Südfrankreich und starb dort ein halbes Jahr später. Pauline Scholem blieb bis 19. Januar 1942 in Gurs, kam dann auch in das Lager Noé, entging den bald einsetzenden Transporten nach Auschwitz, kam in das Hospiz Montauban, wo sie 1944 befreit wurde. Sie kehrte im September 1955 aus Frankreich in die Pfalz zurück und starb am 18. Mai 1961 im jüdischen Altersheim in Neustadt.

Autor: Roland Paul
Foto: Archiv Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde