Hedwig Schardt
(1924 - 2004)
Kirchheimbolanden
Erste Frau im Kreistag des Landkreises Kirchheimbolanden und des Donnersbergkreises
Hedwig Schardt wurde 1924 in Höfles bei Kronach in Oberfranken als erstes von drei Kindern der Eheleute Schardt geboren. Der Vater Ferdinand war Lehrer und Mitglied der SPD, als religiöser Sozialist evangelischer Konfession in Wort und Tat wurde er später zum überzeugenden Vorbild seiner Tochter Hedwig. 1931 folgte die Familie der Versetzung des Vaters nach Kirchheimbolanden. Volksschullehrer Schardt wurde im Frühjahr 1945 von der amerikanischen Besatzungsmacht als Bürgermeister der Stadt eingesetzt und vom ersten Kreistag im Oktober 1946 zum Landrat gewählt. Nach dem Abitur am Kirchheimbolander Progymnasium absolvierte Hedwig Schardt eine Kurzausbildung zur Volksschullehrerin in Würzburg und Speyer, 1944 legte sie die erste Lehrerprüfung ab und unterrichtete in verschiedenen Dörfern der Kirchheimbolander Umgebung. 1946 erfolgte die Einstellung an der Volksschule in Kirchheimbolanden, wo sie drei Jahre später ihre Ausbildung mit der zweiten Prüfung abschließen konnte. In den für den Schulbetrieb schwierigen Nachkriegsjahren zeigte die junge Lehrerin persönlichen Einsatz, wenn es um die Bewältigung der allgemeinen und besonderen Engpässe im Schulalltag ging. Zuletzt waren es mehr als 40 Jahre, in denen Hedwig Schardt an der Volksschule und späteren Grund- und Hauptschule der Kreisstadt tätig war. Dem väterlichen Vorbild folgend, wurde sie 1946 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Als örtliche Leiterin der sozialdemokratischen Jugendgruppe „Die Falken“ organisierte Frau Schardt „Falkenlager“ im In- und Ausland. Damit ermöglichte sie nicht nur der jungen Generation erschwingliche Reisen, die damaligen Jugendlager leisteten einen Beitrag zur Völkerverständigung und Aussöhnung zwischen ehemals verfeindeten Nationen und standen im Zeichen der Pflege europäischen Gedankengutes.
Als eine der ersten weiblichen Abgeordneten vertrat die Sozialdemokratin 1963 bis 1967 ihren Wahlkreis im Landtag Rheinland-Pfalz, hier gehörte die Schulpolitik zu ihren Schwerpunkten. Selbst unverheiratet, bemühte sich die Politikerin um Verbesserungen der Rahmenbedingungen für junge Familien – so boten neue Ganztages-Kindergartenplätze eine Möglichkeit für junge Frauen, Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können. 1956 war Hedwig Schardt die erste Frau im Kirchheimbolander Kreistag, auch dem späteren Kreistag des Donnersbergkreises gehörte sie bis 1984 an. Von 1952 an hatte sie 47 Jahre lang Sitz und Stimme im Stadtrat Kirchheimbolanden, in der Anfangszeit war Frau Schardt das einzige weibliche Ratsmitglied.
Über Jahrzehnte hinweg vertrat sie auch die Interessen der älteren Generation; in dem von ihr 1977 mit begründeten „Verein zu Bau und Unterhaltung eines Wohn- und Pflegeheims in Kirchheimbolanden“ übernahm sie 1981 den Vorsitz. Hedwig Schardt wurde so zur Mitinitiatorin des Ausbaus des Wolffstiftes zu einem modernen Altenpflegeheim. Neben ihrem Einsatz in Politik und Gesellschaft, Jugend- und Seniorenarbeit betätigte sie sich als Presbyterin und Bezirkssynoden-Mitglied in der Evangelischen Kirche der Pfalz. Als in ihrer Freizeit aktive Sportlerin war sie zudem Mitbegründerin der Leichtathletikabteilung des Sportvereins Kirchheimbolanden.
Für ihr Lebenswerk erhielt Frau Schardt 1981 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 1982 als erste Frau die Wilhelm-Dröscher-Medaille. Als weitere Auszeichnungen folgten 1999 der Wappenteller der Stadt Kirchheimbolanden und die Ehrennadel des Landes Rheinland-Pfalz. Hedwig Schardt starb kurz nach ihrem 80. Geburtstag 2004 im Wolffstift in Kirchheimbolanden.
Quelle: Brüchert, Hedwig: Hedwig Schardt (geb. 1924). In: Rheinland-Pfälzerinnen. Mainz 2001. S. 354-356.
Ritter, Karl †: Im Kreis verbunden... Hedwig Schardt zum 70. Geburtstag. In: Donnersberg-Jahrbuch 1995, S. 185 f.