Irmgard Gauer
(1931 – 2010)
Olsbrücken
Die erste ordinierte evangelische Pfarrerin
Irmgard Gauer, geboren 1931 in Frankenthal, war die erste regulär ordinierte, mit allen Rechten ausgestattete Pfarrerin der Pfalz und zugleich Deutschlands. Zwar gab es schon vorher, besonders während des 2. Weltkrieges, studierte Theologinnen, die faktisch als Pfarrerinnen arbeiteten. Sie durften sich aber nicht „Pfarrerin“ nennen und erhielten keine Pfarrstelle auf Dauer.
Frau Gauers erster Einsatzort war Olsbrücken. Hier absolvierte sie nach dem Theologiestudium ihr Vikariat, also den praktischen Teil ihrer Ausbildung. Weitgehend selbstständig arbeitete sie von Mai 1955 bis September 1957 als Seelsorgerin in Olsbrücken, Ober- und Untersulzbach, im ersten Jahr außerdem vertretungsweise in Wörsbach. Im Wechsel mit ihrem Mentor, dem Katzweilerer Pfarrer Gruber, hielt sie regelmäßig Gottesdienste in Olsbrücken, Katzweiler, Wörsbach und Obersulzbach. Daneben musste sie pro Woche 8 Stunden Religion an drei verschiedenen Volksschulen unterrichten.
Über die Reaktion der Gemeindeglieder schrieb sie: „Sehr überrascht war ich von der guten Aufnahme durch die Gemeinde, da man doch gerade den westpfälzischen Bauern nachsagt, sie klebten hartnäckig am Althergebrachten und würden also auch von einer Vikarin nichts wissen wollen. Ich bin schnell mit den Leuten in Verbindung gekommen.“ (Irmgard Gauer, Jahresbericht Olsbrücken für das Jahr 1955, verfasst am 10.01.1956). Die Rückmeldung eines älteren Mannes auf ihre erste Beerdigung schilderte sie später so: „Zuerst haben wir gedacht: O weh, wie wird das werden! Aber als wir sie gesehen haben, im Talar und mit der Kappe auf dem Kopf, da haben wir gewusst: Es ist alles richtig!“ (So erzählte es Frau Gauer der Verf. 1997 in einem Telefongespräch).
Mit der „Kappe“ war das Barett gemeint, das Pfarrer damals bei solchen Gelegenheiten trugen.
1957 schloss Irmgard Gauer ihr Vikariat mit dem Zweiten Theologischen Examen ab und war damit fertig ausgebildet. Sie wurde zuerst nach Kaiserslautern in die Stiftskirchengemeinde entsandt, um die drei dort tätigen Pfarrer zu unterstützen. Sie selbst durfte sich trotz ihrer Ausbildung nicht „Pfarrerin“ nennen, sondern nur „Theologin“ oder „Vikarin“. Doch im darauf folgenden Jahr, 1958, beschloss die Synode der Pfälzischen Landeskirche ein Gesetz, das erstmals die Ordination von Frauen zu Pfarrerinnen ermöglichte. Irmgard Gauer war die erste, die von dem neuen Gesetz profitierte: Am 19. Oktober 1958 wurde sie in der Kaiserslauterer Stiftskirche ordiniert. In den folgenden Wochen empfingen noch weitere Frauen die Ordination.
Nach 15 Monaten Dienst in Kaiserslautern erhielt Irmgard Gauer in Ludwigshafen eine eigene Pfarrstelle. Im Falle einer Heirat hätte sie ihr Amt wieder verloren, doch sie blieb ledig. So war sie 37 Jahre lang, bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1996, in Ludwigshafen tätig. 2010 starb sie.
Heute gibt es in Deutschland über 7.000 evangelische Pfarrerinnen neben gut 14.000 männlichen Kollegen; Frauen machen also ein Drittel der Pfarrerschaft aus.