Elisabeth Edinger
(1911 – 2006)
Neuhemsbach
Politik war ihr Leben
Elisabeth Edinger, geborene Spitz, wurde am 23. Juli 1911 als drittes Kind der Eheleute Elisabeth und Johann Spitz in Neuhemsbach geboren. Ihr Vater war Packlagersetzer, ein mittlerweile ausgestorbener Beruf des Steinsetzers beim Straßenbau, ihre Mutter war Hausfrau.
Eigentlich wäre Elisabeth gerne Gärtnerin geworden, aber wie viele andere junge Frauen musste sie nach ihrer Schulzeit von zu Hause fortgehen, um in anderen Haushalten und auf Höfen ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Sie war noch jung, als sie Willi Edinger heiratete und eine Tochter bekam. Im Zweiten Weltkrieg wurde ihr Mann als Soldat nach Griechenland abkommandiert und ist dort gefallen. Dadurch wurde Elisabeth, die von vielen nur Lisbeth genannt wurde, bereits mit 30 Jahren zur Witwe.
Da sie es ihrer Tochter ermöglichen wollte später einmal zu studieren, musste sie neben ihrer Aufgabe als alleinerziehende Mutter noch anderweitig arbeiten. Zuerst verdiente sie ihr Geld in forst- und landwirtschaftlichen Betrieben. Später konnte sie ihren familiären Eigenbedarf an Obst und Gemüse und sogar ihren Lebensunterhalt durch ihre Gärten, Äcker und Felder erwirtschaften. Den Überschuss ihrer „Bio“-Ware bot sie nicht nur den dankbaren Städtern an, sondern vermarktete die Erträge auch vor Ort. Zusätzlich verkaufte sie in Kommision für ein Blumengeschäft Blumen und Pflanzensetzlinge sowie Grabschmuck für Beerdigungen.
In ihrer Heimatgemeinde war Lisbeth für die Dorfgemeinschaft immer sehr aktiv, obwohl sie den Haushalt ihrer Tochter mitführte und ihre zwei Enkel mit großzog. In Gedenken an ihren viel zu früh verstorbenen Mann Willi, pflegte sie über 25 Jahre das Kriegerdenkmal im Ort. Jahrelang war sie mit der Schelle im Dorf unterwegs um Bekanntmachungen zu verkünden sowie Strom und Wasser in den Haushalten abzulesen. Für viele Neuhemsbacher war Elisabeth die „gute Seele“ ihres Dorfes. Wenn jemand krank war oder anderweitig Hilfe benötigte, war Lisbeth immer zur Stelle. Sie half jedem und wusste immer über alles Bescheid. Auch ihre Leidenschaft für die Musik kam der Gemeinde zugute. Über 50 Jahre hinweg war Elisabeth im Gesangsverein Harmonie in Neuhemsbach engagiert und bis zu ihrem 92. Lebensjahr aktives Vereinsmitglied. Nur als zu viele englischsprachige Lieder einstudiert wurden, sagte sie, dass sie sich das nicht mehr antun wolle.
Mit ihrer Selbstständigkeit war Elisabeth Edinger immer ihrer Zeit voraus. So ist es nicht verwunderlich, dass sie auch sehr früh ihre Leidenschaft für die Politik entdeckte. Um ihre politischen Ansichten zu vertreten, schloss sie sich direkt nach Kriegsende 1946 der SPD an. Im Jahr 1960 wurde sie als erste Frau in den Gemeinderat ihrer Heimatgemeinde Neuhemsbach gewählt und begleitete dieses Amt 18 Jahre lang. Ihrer Partei blieb Elisabeth über 60 Jahre lang treu. Zu Ehren ihres langjährigen kommunalpolitischen Engagements und ihrer treuen Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten, bekam sie im Jahr 2006 die Willi-Brandt-Medaille von Franz Müntefering in Hochspeyer überreicht.
Eine große Herzensangelegenheit dieser selbstständigen und engagierten Frau war die Gleichstellungsarbeit. Da Elisabeth schon als junge Frau gezwungen war eigenverantwortlich für ihre Rechte einzutreten, wollte sie mit dafür Sorge tragen, dass es anderen Frauen einmal leichter ergehen sollte. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2006 setzte sie sich daher mit viel Herzblut für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein.
Auf die Frage, warum sie nicht noch einmal geheiratet habe, antwortete Sie: „Die anderen Frauen sind den Männern nach, ich der Politik“. Dieses Zitat beschreibt Elisabeth Edinger am besten. Politik war nicht nur ein Zeitvertreib für sie, sondern ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens.